Um „Mehrarbeit” ranken sich allerhand Legenden. Viele haben einen wahren Kern. Um den freizulegen, prüfen wir in jedem Fall 3 Fragen nacheinander ab -
Mehrarbeit ist nicht allgemeinverbindlich definiert. Einzelne Gesetze und Tarifverträge legen für sich fest, was sie mit „Mehrarbeit” meinen. Das ist dann auch richtig und wichtig — doch nur in diesem Zusammenhang.
Im BAT oder BAT-KF fehlt die notwendige Definition von Mehrarbeit. Die AVR DW EKD tarnen sie als Plusstunden. Anders die Leittarife des öffentlichen Dienstes, TVöD und TV-L , und ihre Nachfolger.
Definition | Verpflichtung | Vergütung | |
---|---|---|---|
TVöD, TV-L | § 7 (6) | § 6 (5) | § 8 (2) |
TV AWO nrw | § 13 (5) | § 12 (7) | § 14 (3) |
TV AWO Saarlland | § 13 (5) | § 12 (7) | § 14 (3) |
DRK ReformTV | § 13 (5) | § 12 (7) | § 14 (6) |
AVR DD | § 9c (1) | § 9c (2) | §§ 9c / 9b |
AVR-K Niedersachsen | nein | § 10 | § 22 (6) |
AVR DW Bayern | § 21 | § 21 | §§ 21 /20 |
AVR Caritas | Anl.6 | nein | nein |
BAT-KF | nein | § 6 (4) | nein |
KTD (Hamburg, SH) | § 6 (5), | nein | § 10 - § 6 (4) |
BAT | nein | nein | nein |
In jedem anderen Zusammenhang wird Mehrarbeit neu und jeweils eigen definiert.
§ 4 Verbot der Mehrarbeit; Ruhezeit
(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau, die 18 Jahre oder älter ist, nicht mit einer Arbeit beschäftigen, die die Frau über achteinhalb Stunden täglich oder über 90 Stunden in der Doppelwoche hinaus zu leisten hat. Eine schwangere oder stillende Frau unter 18 Jahren darf der Arbeitgeber nicht mit einer Arbeit beschäftigen, die die Frau über acht Stunden täglich oder über 80 Stunden in der Doppelwoche hinaus zu leisten hat. In die Doppelwoche werden die Sonntage eingerechnet. Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht in einem Umfang beschäftigen, der die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt des Monats übersteigt. Bei mehreren Arbeitgebern sind die Arbeitszeiten zusammenzurechnen.
(2) Der Arbeitgeber muss der schwangeren oder stillenden Frau nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden gewähren.
§ 8 Dauer der Arbeitszeit
(1) Jugendliche dürfen nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden.
(2) Wenn in Verbindung mit Feiertagen an Werktagen nicht gearbeitet wird, damit die Beschäftigten eine längere zusammenhängende Freizeit haben, so darf die ausfallende Arbeitszeit auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage einschließenden Wochen nur dergestalt verteilt werden, daß die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt dieser fünf Wochen 40 Stunden nicht überschreitet. Die tägliche Arbeitszeit darf hierbei achteinhalb Stunden nicht überschreiten.
(2a) Wenn an einzelnen Werktagen die Arbeitszeit auf weniger als acht Stunden verkürzt ist, können Jugendliche an den übrigen Werktagen derselben Woche achteinhalb Stunden beschäftigt werden.
§ 21 Ausnahmen in besonderen Fällen
(1) Die §§ 8 und 11 bis 18 finden keine Anwendung auf die Beschäftigung Jugendlicher mit vorübergehenden und unaufschiebbaren Arbeiten in Notfällen, soweit erwachsene Beschäftigte nicht zur Verfügung stehen.
(2) Wird in den Fällen des Absatzes 1 über die Arbeitszeit des § 8 hinaus Mehrarbeit geleistet, so ist sie durch entsprechende Verkürzung der Arbeitszeit innerhalb der folgenden drei Wochen auszugleichen.
Die verwendeten Termini »regelmäßige Arbeitszeit« und »Mehrarbeit« knüpfen an die - im Arbeitszeitgesetz nicht mehr enthaltene - Begrifflichkeit der Arbeitszeitordnung an, die in § 3 eine regelmäßige Arbeitszeit von acht Stunden werktäglich und in den §§ 6 ff. darüber hinausgehende Mehrarbeit in bestimmten Fällen vorsah.
(BAG Urteil 21.12.2016 - 5 AZR 362/16)
§ 207 Mehrarbeit
Schwerbehinderte Menschen werden auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt.
Laut BAG-Entscheidung (03.12.2002 — 9 AZR 462/01) meint Mehrarbeit hier die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Zeit. Damit wird Arbeit über acht Stunden hinaus zur Mehrabeit. Denn das BAG blickte auf das ...
§ 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer
Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. […]
§ 37 Ehrenamtliche Tätigkeit, Arbeitsversäumnis
(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.
Der Europäische Gerichtshof erkennnt es als Diskriminierung, wenn Teilzeitkräfte erst dann einen Überstundenzuschlag erhalten, wenn sie die Grenzen einer vergleichbaren Vollzeitkraft überschreiten (EuGH 27. Mai 2004 - C-285/02 ). Das folgt ihm da (BAG Urteil 23.03.2017 – 6 AZR 161/16). Zudem sind Teilzeitbeschäftigte besonders geschützt. Bei Vollzeitkräften genügt im Arbeitsvertrag ein allgemeiner Verweis auf eine Verpflichtungsklausel im Tarif (EuGH am 08.02.2001, C-350/99). Doch Teilzeitkräfte sind nur zu Mehrarbeit / Überstunden / Plusstunden / Überarbeit verpflichtet, wenn dies
Nach den Regelungen im BAT kann der öffentliche Arbeitgeber von dem teilzeitbeschäftigten Angestellten die Leistung von Arbeitsstunden über die individuell
vereinbarte Arbeitszeit hinaus lediglich aufgrund einer vorherigen
einvernehmlichen Vereinbarung oder nach Ausspruch einer entsprechenden
wirksamen Änderungskündigung verlangen.
(LAG Hamm, Urteil vom 06.03.1995 - 17 Sa 1035/92)
Mehr: Überstunden Mehrarbeit Plusstunden.
Link und Lesezeichen: www.mehrarbeit.schichtplanfibel.de